Die Parabel vom verlorenen Sohn und ihre Symbole

 


Die Parabel vom verlorenen Sohn, die in Lukas 15:11-32 gefunden wird, ist eine der tiefgründigsten und bekanntesten Geschichten, die Jesus erzählt hat. Sie ist Teil einer Serie von drei Gleichnissen (Das verlorene Schaf, Die verlorene Drachme und Der verlorene Sohn), die Jesus als Antwort auf die Kritik der Pharisäer und Schriftgelehrten erzählte. Sie beschwerten sich darüber, dass Jesus sich mit Sündern einließ und mit ihnen aß, was in ihren Augen für einen religiösen Lehrer unwürdig war. Durch dieses Gleichnis offenbart Jesus den liebevollen, barmherzigen und vergebenden Charakter Gottes und kontrastiert ihn mit der urteilenden und ausschließenden Haltung der religiösen Führer.

Kultureller Kontext

Zur Zeit Jesu war die jüdische Gesellschaft stark patriarchalisch geprägt und basierte auf einem System von Ehre und Schande. Die Familie war der zentrale Kern des sozialen Lebens, und der Respekt vor den Eltern, insbesondere dem Vater, galt als eines der heiligsten Gebote. Daher wurde jede Handlung, die den Vater entehrte, als äußerst schwerwiegend angesehen.

Das Gleichnis

Jesus beginnt das Gleichnis mit der Aussage, dass ein Mann zwei Söhne hatte. Der jüngere Sohn stellt eine ungewöhnliche Bitte:

  • Vers: „Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Vater, gib mir den Teil des Vermögens, der mir zusteht. Und er teilte ihnen das Hab und Gut.“ (Lukas 15:12)
  • Symbolik des Erbes: Das Erbe zu verlangen, während der Vater noch lebte, war eine große Respektlosigkeit und symbolisierte die Ablehnung der Beziehung zum Vater. In der jüdischen Kultur wurde das Erbe erst nach dem Tod des Vaters aufgeteilt. Die Bitte des Sohnes offenbart seinen Wunsch nach Unabhängigkeit und Rebellion, als würde er sagen, dass ihm das Leben des Vaters egal sei, sondern nur das, was er von ihm erhalten könnte.

Ein paar Tage später reist der jüngere Sohn in ein fernes Land:

  • Vers: „Und wenige Tage danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen, zog in ein fernes Land und verschleuderte dort sein Vermögen mit einem ausschweifenden Leben.“ (Lukas 15:13)
  • Symbolik des fernen Landes: Das „ferne Land“ symbolisiert die Entfernung von Gott. Es repräsentiert die Entscheidung, weit weg vom Einfluss und den Werten des Vaters zu leben und die Erfüllung in den Dingen der Welt zu suchen. Diese Entfernung führt dazu, dass der Sohn sich verirrt und sowohl moralisch als auch geistig herunterkommt.

Nachdem er sein ganzes Erbe verschwendet hat, bricht in dem Land eine große Hungersnot aus, und der jüngere Sohn gerät in große Not:

  • Vers: „Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Schweine fraßen, und niemand gab sie ihm.“ (Lukas 15:16)
  • Symbolik des Schweinefutters: In der jüdischen Kultur galten Schweine als unrein (3. Mose 11:7). Das Verlangen, das Schweinefutter zu essen, symbolisiert die maximale Degradierung, die die Sünde verursachen kann und dazu führt, dass eine Person ihre gesamte Würde verliert. Der Sohn erreicht den Tiefpunkt und veranschaulicht die Verwüstung, die die Entfernung von Gott verursachen kann.

Bereuend beschließt der Sohn, nach Hause zurückzukehren und den Vater zu bitten, ihn wie einen der Knechte zu behandeln:

  • Vers: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir und bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!“ (Lukas 15:18-19)
  • Symbolik der Reue: Die Rückkehr des Sohnes steht für echte Reue, das Eingeständnis, dass er einen Fehler gemacht hat, indem er sich von seinem Vater (Gott) entfernt hat, und dass er nun die Versöhnung sucht, selbst wenn dies eine demütige Position bedeutet.

Während der Sohn noch weit entfernt war, sieht ihn der Vater und läuft ihm entgegen:

  • Vers: „Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und hatte Erbarmen; er lief, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ (Lukas 15:20)
  • Symbolik der Umarmung des Vaters: Dass der Vater den Sohn aus der Ferne sieht und ihm entgegengelaufen kommt, symbolisiert die Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Im kulturellen Kontext war es ungewöhnlich, dass ein älterer Mann lief; diese Geste zeigt die Dringlichkeit und Freude des Vaters, den Sohn zurück zu empfangen. Die Umarmung und der Kuss symbolisieren die völlige Annahme und Vergebung.

Der Vater befiehlt dann seinen Dienern, die besten Gegenstände für den Sohn zu bringen:

  • Vers: „Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her, und zieht es ihm an, und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße.“ (Lukas 15:22)
  • Symbolik des Gewandes, des Rings und der Schuhe:
    • Gewand: Symbolisiert die Wiederherstellung der Würde des Sohnes. Indem er dem Sohn das beste Gewand anzieht, bedeckt der Vater seine Scham und Sünde und stellt seine Position als Mitglied der Familie wieder her.
    • Ring: Steht für die Autorität und das Recht, als Sohn behandelt zu werden. Der Ring könnte das Siegel der Familie tragen und symbolisiert die Wiederherstellung der Identität und der familiären Autorität.
    • Schuhe: Symbolisieren Freiheit und Zugehörigkeit. Die Sklaven trugen keine Schuhe, daher zeigt das Erhalten von Schuhen, dass der Sohn nicht als Sklave, sondern als geliebter, freier und wiederhergestellter Sohn behandelt wird.

Der Vater ordnet eine Feier an:

  • Vers: „Und bringt das gemästete Kalb her, schlachtet es, und lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.“ (Lukas 15:23-24)
  • Symbolik des Festes: Das Fest symbolisiert die Freude im Himmel, wenn ein Sünder bereut und zu Gott zurückkehrt. Die Feier mit dem „gemästeten Kalb“ zeigt die Bedeutung und Größe des Ereignisses. Es ist eine Demonstration des festlichen Charakters des Reiches Gottes, in dem große Freude über die Rückkehr der Verlorenen herrscht.

Der ältere Sohn, der von der Feier hört, wird wütend:

  • Vers: „Er aber wurde zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater hinaus und bat ihn.“ (Lukas 15:28)
  • Symbolik des älteren Sohnes: Der ältere Sohn repräsentiert die Pharisäer und Schriftgelehrten, die das Gesetz einhielten und sich für gerecht hielten, aber Mitleid und Barmherzigkeit vermissten. Seine Weigerung, das Fest zu betreten, offenbart eine Haltung der Selbstgerechtigkeit und ein mangelndes Verständnis für die bedingungslose Liebe Gottes. Er symbolisiert diejenigen, die zwar scheinbar in der Nähe Gottes sind, deren Herzen jedoch durch Bitterkeit und Unvergebenheit verhärtet sind.

Der Vater betont in seiner Antwort an den älteren Sohn die Bedeutung der Feier:

  • Vers: „Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist wiedergefunden worden.“ (Lukas 15:32)
  • Symbolik des Tot-Seins und Wieder-Lebendig-Werdens: Diese Ausdrucksweise ist eine Metapher für den geistlichen Zustand. Die Entfernung von Gott wird als geistlicher Tod angesehen, und die Umkehr und Rückkehr zu Gott werden mit einer Auferstehung, einem neuen Leben, verglichen. Dies spiegelt die tiefe Verwandlung wider, die stattfindet, wenn sich jemand mit Gott versöhnt und wieder zum wahren Leben zurückkehrt.

Fazit

Die Parabel vom verlorenen Sohn ist eine reichhaltige Erzählung, die durch Symbole und Metaphern tiefe Wahrheiten über die Liebe Gottes, die Schwere der Sünde, die Bedeutung der Umkehr und die göttliche Feier offenbart, die stattfindet, wenn jemand zum Vater zurückkehrt. Jedes Element der Geschichte wird von Jesus sorgfältig genutzt, um die Botschaft des Reiches Gottes zu vermitteln, wobei die Gnade und Barmherzigkeit für alle hervorgehoben werden, unabhängig davon, wie weit sich jemand entfernt hat.

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